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frevelnden Versuch hörte, das Standbild des ersten Kaisers aus der Wandelhalle des Reichstags zu entfernen.
(Sehr gut!" bei den Deutschnationalen.)
Denn anstatt an der Bahre des Toten, wie es dessen Sinn entsprochen hätte, alle Ordnung und Gesetz achtenden Deutschen zur
Sammlung zu rufen und die Erwartungen des auf der Lauer liegenden Bolschewismus zu zerstören, anstatt auf die leise und doch so
vernehmliche Stimme der Geschichte zu hören, stürmte Herr Dr. Wirth aufgeregt durch die Gänge des Reichstags, gepeinigt von der
Begierde nach unedler Rache für die tags zuvor erlittene Niederlage, jeder Erfahrung spottend, wie der Bakkalaureus im zweiten
Teil des "Faust", und rief, auf die Rechte weisend, mit gellender Stimme: Der Feind steht rechts!"
(Sehr wahr! bei den Deutschnationalen.)
Ein tausendfaches Echo war die Antwort der Geister, die unterm Tage schlimm geartet hausen, auf diesen Unkenruf des Reichskanzlers.
56 Tote, 140 Verwundete fielen den Demonstrationen auf der Straße zum Opfer,
(hört! hört! bei den Deutschnationalen)
in mehr als 30 Gemeinden sind Ausschreitungen und Plünderungen vorgekommen. So schützt Herr Dr. Wirth das Leben und Eigentum des deutschen Volkes,
(sehr gut! bei den Deutschnationalen)
was er in seiner letzten Rede als wichtigste Aufgabe seiner Regierung erklärt hat. Ja, meine Damen und Herren, wenn es das Ziel
der Verschworenen war, Deutschland in Unruhe zu stürzen und die Republik zu treffen, dann haben Sie die Rechnung nicht ohne den Wirt gemacht.
(Sehr wahr! bei den Deutschnationalen. - Erregte Rufe aus dem Zentrum: Pfui Teufel! Andauernde erregte Rufe links: Sie
Reichstagsbazillus! Gemeiner Heuchler! - Wachsende Erregung und große Unruhe. - Glocke des Präsidenten.)
Präsident: Meine Herren, ich bitte um Ruhe! Auch ich habe mit Bedauern wahrgenommen, daß der Herr Redner wieder eine Reihe
persönlicher Angriffe - nach dieser Zeit, die wir erlebt haben - gegen den Herrn Reichskanzler gerichtet hat.
(Andauernde erregte Rufe links: Der organisiert den Mord. Der hetzt! Empörte Zurufe vom Zentrum und links.)
Aber meine Herren, ich hatte keine Möglichkeit, einzuschreiten. Ich bitte um Ruhe und rufe den Herrn Abgeordneten Giebel wegen
seiner Äußerung zur Ordnung.
(Wiederholte Zurufe links.)
Ich bitte aber auch den Herrn Redner, zu bedenken, daß nach den erst kürzlich erfolgten Angriffen - -
(Empörte Zurufe links und im Zentrum: Der Mann ist eine Schande für den Reichstag! Mit solchen Reden wird die Atmosphäre für neue Mordtaten geschaffen!)
Ich bitte um Ruhe, meine Herren!
(Ununterbrochene Rufe links: Der Mann hetzt!)
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Bazille, Abgeordneter: Es ist nicht meine Aufgabe und nicht meine Absicht, zu hetzen;
(erregte Rufe links: Sie tun es aber!)
es ist meine Absicht zu warnen. Ich warne vor der weiteren Beschreitung dieses Weges.
(Erregte Rufe: Erst hetzt der Mann, und dann ist er zu feige, zu seinen Worten zu stehen! - Glocke.)
Präsident: Ich bitte um Ruhe, meine Herren!
(Ununterbrochene empörte Zurufe aus dem Zentrum und links.)
Ich bitte um Ruhe, meine Herren!
(Rufe rechts: Wo bleibt der Präsident?)
- Der Präsident hat bereits gesagt, daß er es unerhört findet, daß in diesen Wochen neue persönliche Angriffe gegen den Reichskanzler gerichtet werden!
(Erregte Zurufe des Abgeordneten Grafen v. Westarp.
- Gegenrufe links: Sie schützen solche Leute noch?!
- Wiederholte Zurufe des Abgeordneten Keil: Der
Mann ist ein persönlicher Betrüger! - Glocke.)
Meine Damen und Herren! Wenn jetzt die Ruhe nicht gehalten wird, bin ich gezwungen, die Sitzung zu unterbrechen. Ich bitte, auf die Plätze zu gehen.
Bazille, Abgeordneter: Meine Damen und Herren! Der Herr Präsident hat gesagt, daß ich den Herrn Reichskanzler persönlich
angegriffen hätte. Ich bin mir eines solchen Angriffes nicht bewußt.
(Lebhafte Zurufe bei den Sozialdemokraten.)
Ich habe auseinandergesetzt, welche Wirkungen der Ruf "Der Feind steht rechts" haben mußte.
(Sehr richtig! bei den Deutschnationalen.)
Ich habe gesagt, daß eine solche Politik verderblich ist und habe davor gewarnt, diese Wege weiter zu gehen.
(Zurufe links: Sie haben gehetzt!)
Ich übernehme die Verantwortung für das , was ich gesagt habe.
(Lebhafte Zurufe links und in der Mitte.)
Jeder Reichstagsabgeordneter hat das Recht, die Wege zu zeigen, auf denen allein eine Wiederherstellung der Volksgemeinschaft
möglich ist. Jeder Reichstagsabgeordneter hat das Recht, die Wege zu nennen, die nach seiner Ansicht zum genauen Gegenteil führen.
(Glocke des Präsidenten.)
Präsident: Herr Abgeordneter Bazille, wenn Sie sich darauf beschränkt hätten, hätte ich mir nicht erlaubt, Sie zu unterbrechen.
In dem Augenblick, als Sie lange hintereinander persönliche Angriffe gegen den Herrn Reichskanzler richteten, war von den
Linksparteien niemand im Hause anwesend. Aber trotzdem sind aus dem Hause die lebhaftesten Entrüstungsrufe über diese
persönlichen Angriffe von den Bänken der Mitte und auch von rechts laut geworden. Ich habe deshalb geglaubt, die
Ermahnung an Sie richten zu sollen, nicht neue Szenen hier im Hause und im Lande hervorzurufen.
(Sehr richtig!)
Bazille, Abgeordneter: Herr Präsident! Ich bitte Sie, das stenographische Protokoll einzusehen, und
5 S. 8368B
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