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Mittelmächtekombination dadurch durchschnitten. Die Folge: Bulgarien brach zusammen, die Türkei brach zusammen, alles, was
dahinter steckte, war verloren. Die weitere Folge: Österreich-Ungarn brach zusammen, die Alpenpässe wurden frei; binnen
wenigen Wochen war die Gefahr einer neuen Ostfront da: eine neue Ostfront von Italienern, Tschechoslowaken usw., eine
Ostfront an der bayrischen und sächsischen Grenze. Das ist das eine. In dieser Stunde war Deutschland restlos isoliert und eingeschlossen.
(Sehr richtig!)
Das Zweite: auf unserer Seite erhebliche Verluste, keine Möglichkeit, noch Reserve aufzubringen. - Nein -: denn die
menschlichen und materiellen Kräfte des deutschen Volkes waren bis zum äußersten ausgeschöpft.
(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten, Deutschen Demokraten und links.)
Jeder, der es miterlebt hat, weiß das: Aber "Der Gegner seinerseits führte ständig neue frische Reserven in die Schlacht."
Was waren das für Reserven? Das waren die Amerikaner, die "nicht fliegen und nicht schwimmen konnten",
(Zurufe von den Sozialdemokraten)
und die darum "nicht kommen würden" nach der Äußerung des Führers der deutschnationalistischen Partei, des Herrn Abgeordneten Hergt.
Und wie war es gekommen, daß diese Amerikaner nun da waren? - Weil die Karte nicht gestochen hatte,
(sehr richtig! bei den Sozialdemokraten)
von der Herr Helfferich gesagt hatte: "wenn diese Karte nicht sticht, dann sind wir verloren für Jahrhunderte."
(Sehr wahr! und Zurufe.)
So stand die Situation. Wir erschöpft, gänzlich isoliert, die Gegner mit wachsenden Reserven von Tag zu Tag. Glaubt irgendein
Militär, daß, wenn wir damals noch Wochen oder Monate weiter gekämpft hätten, unsere Situation eine bessere geworden wäre? -
Nein! Wir hätten den Krieg im eigenen Lande gehabt,
(lebhafte Zustimmung)
und Deutschland wäre in Stücke zerschmettert worden.
(Erneute Zustimmung.)
Das war die Lage der Dinge und daran hat auch kein Militär damals gezweifelt.
In jener Zeit war ein Generaloberst bei mir, um mich zu fragen, ob wir Sozialdemokraten denn nicht dafür eintreten
könnten, daß noch einmal eine levée en masse, eine allgemeine Volkserhebung, gemacht werden könne, die ihre Kraft zum
letzten Widerstand hineinwürfe. Ich habe gesagt: Nein! Diese historische Volkserhebung en masse, auf die da angespielt
wird, geschah von einem Volke, das noch nicht erschöpft war.
(Sehr richtig!)
Nach 4 Jahren Krieg, nachdem alles Material, an Kräften restlos ausgekratzt ist, ist das unmöglich. Und dann sagte ich ihm:
meinen Sie denn, Herr General, daß, wenn wir 4 Wochen oder sagen wir einige
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Monate weiterkämpfen, dann die militärische Situation für uns zu retten sei? Es war der General v. Böhm. Da sagte er:
nein, an Monate ist wohl nicht mehr zu denken, aber immerhin doch an einige Wochen.
(Hört! Hört!)
Darauf sagte ich ihm: Was wäre damit politisch für unsere Situation gewonnen? Darauf blieb er mir die Antwort schuldig.
Aber diese Frage stellen, heißt sie beantworten. Jedes weitere Verharren hätte das Verhängnis nur noch schlimmer gemacht.
Da hatten Ludendorff und Hindenburg schon recht: es war am Ende, es ging nicht weiter. Ihre schwere Schuld ist nur, daß sie das nicht vorher einsahen,
(sehr wahr!)
daß sie den Gedanken eines Verständigungsfriedens zurückwiesen, damals als wir noch stark genug waren,
(sehr wahr!)
als es noch Zeit war. Damals waren sie die schlimmsten Gegner.
Und nun hat mir vorhin ein Abgeordneter - ich glaube es war der Abgeordnete Schiele - eingeworfen: aber Hindenburg hat
ja nachträglich seine Auffassung gewandelt. Gewiß, das Zitat, das ich anfangs vorgelesen habe, ist ja der Beleg dafür.
Ja, das ist die bekannte Erscheinung. Geschlagene Feldherren suchen nachträglich die Schuld an ihrer Niederlage, die
sie selbst trifft, anderen aufzubürden!
(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten, Deutschen Demokraten und links.)
Nun soll das heldenhafte deutsche Volk, das bis zur letzten Kraft ausgehalten hat, haftbar gemacht werden für die
schweren politischen Fehler, für die schwere Schuld, die die Oberste Heeresleitung, die in Wahrheit auch die oberste
politische Leitung war, auf sich gebürdet hat, und die Herrschaften, die ihr damals geholfen haben, die sie unterstützt
und in daßelbe Horn geblasen haben, stehen auch dabei hinter ihr und arbeiten mit der Dolchstoßlüge. Nun, der Abgeordnete
Hensel hat ja gestern wohl gemerkt, welche Wirkungen das Operieren mit dieser Dolchstoßlüge
(erregte Rufe links: Er lacht noch!)
auf alle Deutschen, die noch ein Gefühl für Ehre haben, hat,
(wiederholte erregte Rufe links: Ein christlicher Pfarrer, Pfui! - Glocke)
und ich möchte ihm nur sagen: wenn man mit dem einen Atemzug die Dolchstoßlüge der Heimat dem deutschen Volke ins Gesicht
schleudert und dann mit dem anderen Atemzuge von der nationalen Einheitsfront spricht,
(sehr gut! bei den Sozialdemokraten und links)
so ist das ein solcher Widersinn, daß ich nicht begreife, wie ein Politiker normalen Verstandes so handeln kann. Denn wenn
etwas geeignet ist, die Einheitsfront restlos unmöglich zu machen, so ist es das Operieren mit dieser Lüge.
(Lebhafte Zustimmung links.)
Und wenn der Abgeordnete Hensel nicht vom allgemein menschlichen Standpunkt und aus der
nächste
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