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worden. Gestatten Sie mir, in ein ruhigeres Fahrwasser einzulenken. Auf die Rede des Herrn Kollegen Moses möchte ich mit wenigen
Worten eingehen. Wie wir über Mordgesellen und deren Hintermänner denken, daß, Herr Kollege, hat gestern Herr Dr. Stresemann hier
ausgeführt, und das können wir nur noch einmal unterstreichen. Über Regimentsfeiern, Herr Kollege, werden wohl viele ehemalige
Soldaten anderer Meinung sein als Sie und Ihre Herren Söhne.
(Sehr richtig! rechts.)
Es ist dann wiederholt auf die Vorgänge in Ostpreußen und Königsberg hingewiesen worden, und hierzu will ich mich insbesondere
äußern. Es dürfte Ihnen bekannt sein, daß der Generalfeldmarschall v. Hindenburg aus Neuberg stammt, das früher in Westpreußen
lag, jetzt zu Ostpreußen gehört. Bei seinem hohen Alter hat er den begreiflichen Wunsch, noch einmal seine Heimat, Verwandte
und Freunde dort zu besuchen. Gleichzeitig wollte er sein während des Krieges gegebenes Wort einlösen und den Städten einen
Besuch abstatten, deren Ehrenbürger er geworden war. Das waren Königsberg, Allenstein, Hohenstein, Marienburg, Osterode,
Lötzen und dann kam eine nochmalige Besichtigung des Schlachtfeldes von Tannenberg in Frage.
Am 20. Mai landete Hindenburg in Pillau, nach den bestehenden Vorschriften, begrüßt mit den militärischen Ehren, die einem Generalfeldmarschall gebühren.
(Sehr richtig! bei der Deutschen Volkspartei.)
Am 23. Mai verbot das preußische Staatsministerium den Beamten jede offizielle Beteilung und bezeichnete - man höre und staune -
den Besuch Hindenburgs als parteipolitische Veranstaltung.
(Hört! Hört! bei der Deutschen Volkspartei.)
Es wurde Einspruch erhoben, es erfolgte ein neuer Erlaß. Die Teilnahme wurde jetzt nur verboten an propagandistischen Veranstaltungen.
Was als solche anzusehen sei, wurde dem Taktgefühl der Beamten überlassen. Das Reichskabinett hat sich dem angeschlossen, verbot aber,
eine direkte Mitwirkung der Reichswehr an allen Veranstaltungen, erlaubte indessen die private Beteiligung. Desgleichen wurde, wie sie
gehört haben, die militärische Veranstaltung im geschlossenen Kasernenhof erlaubt.
In der Provinz sind alle Veranstaltungen in harmloser Form verlaufen. Drei Wochen ist der Feldmarschall dort gewesen. Keine
Störung, kein Zwischenfall ist passiert.
(Hört! Hört! bei der Deutschen Volkspartei.)
Es war ein Triumphzug, wie ihn die deutschen Lande noch nie gesehen haben. Das Verhalten der gesamten Bevölkerung war geradezu musterhaft.
Und nun, am 8. Juni, zwei tage vor dem Eintreffen Hindenburgs in Königsberg, wurde der Reichswehr auch die private Beteiligung verboten.
Alle Veranstaltungen haben stattgefunden unter ungeheurer Beteiligung der Bevölkerung.7 Fast
7 S.8346D
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reibungslos ist alles verlaufen. Ich erinnere an das Fest im Tiergarten. Dort waren etwa 15.000 Menschen zusammen am Sonntagnachmittag,
Männer, Frauen, Kinder aller Stände. Es war gedrückt voll. Kein Mann der Schupo durfte eingreifen; ganz glatt hat sich alles abgewickelt.
Aber Sonntag in Devau kam das Unglück, von dem Sie gehört haben. Man fragt sich, wie es möglich war, daß nach der tagelangen Verhetzung
durch die linksradikale Presse der Polizeipräsident zu derselben Zeit, in welcher 120 - 150.000 Bürger zum Königstor hinausmarschierten
nach dem Devauer Platz, eine Gegendemonstration in der selben Richtung gestattete.
(Hört! Hört! rechts.)
Meine Damen und Herren! Ich will es Ihnen ersparen, Ihnen von dieser Verhetzung viel vorzulesen; ich will Ihnen nur die Überschriften vorlesen:
"Die Hindenburgparade der Reaktion", "Der Achtstundentag bedroht",
(Lachen rechts)
"Will man diesem Treiben tatenlos zusehen?" Kein Mann, keine Frau darf fehlen", "Die Reaktion geht aufs ganze", "Einheitlicher Aufmarsch
gegen die Musterungen der Konterrevolution".
(Sehr richtig! links. - Lachen rechts.)
Drei Wochen hatte niemand in Ostpreußen etwas von Konterrevolution bemerkt; zuletzt in Königsberg haben sie es gemerkt! - "Wehrt
Euch gegen die Angriffe der Reaktion" und so geht das weiter. In dieser Weise ist tagelang gehetzt worden.
Die Gewerkschaften mögen hinterher den besten Willen gehabt haben.8 Nach solcher Verhetzung haben sie das Volk, namentlich
das jüngere Volk nicht mehr in der Hand.
(Erneute Zustimmung rechts.)
Ich übergehe das, was Sie aus dem Munde des Herrn Majors gehört haben, wie die Reichswehr überfallen worden ist. Nach meiner
Kenntnis der Dinge war es ein Zug Reichswehr von nur 30 Mann. Sie wurden von hinten überfallen und haben in Notwehr gehandelt.
Aber dieses Blut kommt auf das Sündenkonto der Verhetzer.
(Sehr wahr! rechts. - Zurufe auf der äußersten
Linken.)
- Die Reichswehr trägt Patronen, aber keine geladenen Gewehre.
(Zuruf bei den Kommunisten: Sie waren geladen!)
- Sie waren nicht geladen, Herr Kollege Heymann, sie wurden geladen.
(Erneute Zurufe bei den Kommunisten.)
Außerdem aber will ich noch erwähnen, was hier auch von der Linken nicht erwähnt worden ist. Es haben nämlich außer
diesem Angriff auf die Reichswehr noch zwei Angriffe stattgefunden,
(hört! hört! bei der Deutschen Volkspartei)
und zwar auf einen Kriegerverein
(hört! hört! rechts)
8 S. 8347B
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