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die Summen künftig zu machen, mit denen die Reparationsleistungen getätigt werden können. Aber was braucht man eigentlich
immer und immer wieder auf diese Gutachten der internationalen Finanzsachverständigen hinweisen! Schließlich könnte auch jeder
Banklehrling Herrn Poincaré darüber belehren, daß auf dem Weg, auf dem er vorgegangen ist, er zu wesentliche Reparationszahlungen
niemals kommen wird, weil diese nur zu haben sind, wenn die wirtschaftlichen Gesetze beobachtet werden.
Der Weg, den der französische Militarismus in dieser Situation eingeschlagen hat, wird auch nicht dazu führen, daß die Mittel
beschafft werden, die für die notleidenden französischen Staatsfinanzen notwendig sind; sondern ganz im Gegenteil wird
Goldmilliarde über Goldmilliarde für die Vermehrung des Ententeheeres, für die Besatzung ausgegeben werden.
Die Leidtragenden dabei sind jene armen Bewohner der im Kriege verwüsteten Gebiete Nordfrankreichs und Belgiens, denen
Tausende von Heimstätten für das Geld gebaut werden könnten, das zum Bau von Kasernen und Bombenabwurfsplätzen gebraucht
wird und das gebraucht wird, um die übermäßig große - auch vom Standpunkt der Militärs aus übermäßig große - Besatzungsarmee
in dem rheinischen Gebiet zu erhalten.
(Sehr wahr! bei den Vereinigten Sozialdemokraten.)
Die französischen Gewalthaber wollen aber in erster Linie anscheinend auf ein ganz anderes Ziel los. Der Herr Reichskanzler hat
schon darauf hingewiesen: es handelt sich bei ihnen darum, in erster Linie ihre alte Rheinland- und Rheinbundpolitik durchzusetzen,
(sehr richtig! bei den Vereinigten Sozialdemokraten.)
eine Auffassung, die nicht allein im deutschen Volke vertreten ist sondern die ja in geradezu glänzender Weise Lloyd George in
seinem Rückblick auf 1922 am Ende des vergangenen Jahres auseinandergesetzt hat, wo er in bezug auf die letzte Reparationsdebatte
in der französischen Kammer sagte:
Die Reparationsdebatte in der französischen Kammer ist nicht ermutigend. Die einzige Meinungsverschiedenheit bei der Verhandlung
bestand zwischen denen, die den Vormarsch ins Ruhrgebiet und die Ergreifung von Pfändern in weiterem deutschen Gebiet empfahlen,
und denjenigen, die es vorzogen, für die "Entwicklung" des linken Rheinufers einzutreten. Besetzen, Kontrollieren, Entwickeln,
Annektieren - alle meinen damit dasselbe: nämlich die Loslösung des linken Rheinufers von Deutschland und seine Einverleibung an Frankreich.
(Hört! Hört!)
Solange davon geredet wird, wird es keinen Frieden geben.
(Lebhafte Rufe: Sehr wahr!)
7S.
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Aber warum ist denn schließlich von französischer Seite gerade jetzt der Vormarsch erfolgt? Er ist erfolgt, weil sicherlich
auch die Machthaber in Frankreich der Überzeugung waren, daß in dem Augenblick, wo es überhaupt zu einer zweckmäßigen Regelung
der Reparationsfragen kommt, die Zeit für militärische Abenteuer vorbei sein wird, weil die Anleihegläubiger sich solche
Störungen nicht gefallen ließen in der Befürchtung, daß das Kapital, daß sie Deutschland und der Entente vorstrecken sollen,
in Gefahr wäre in dem Augenblick, wo solche machtpolitischen Gesichtspunkte durchzusetzen versucht würden.
Wir wissen, daß nicht nur im Saarland, sondern auch im besetzten Rheinland seit längerer Zeit der französische Frank zu
Korruptionszwecken rollt. Aber die Bevölkerung dieser rein deutschen Gebiete am Rhein, an der Saar, an der Ruhr wird jedem
Bestechungsversuch für alle Zeit unzugänglich sein
(sehr richtig! bei den Vereinigten Sozialdemokraten)
wird alle Lockungen abwehren, die sie verleiten wollen, der deutschen Republik die Treue zu brechen. Mögen auch noch so viel
Leiden über das altbesetzte und über das neubesetzte Gebiet verhängt werden - die Bewohner dort werden aushalten bis zum endgültigen
Tag der Befreiung von der Fremdherrschaft.
(Bravo!)
Sie werden sich darin das Verhalten der belgischen Bevölkerung in den Jahren des Krieges zum Muster nehmen.
(Bravo! bei den Vereinigten Sozialdemokraten.)
Der Tag der Befreiung wird ebenso sicher kommen, wie der Tag der wirtschaftlichen Verständigung kommen muß, wenn Europa darüber
nicht zu Grunde gehen soll.
(Beifall.)
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