1. Reichstag, Weimarer Republik


Zurück zur Titelseite oder Zurück zur Homepage


Seite 242

A B

(Erneute Zurufe links.)

Dann lassen Sie mich das letzte Wort sagen, das ich von Hindenburg gehört habe. Es sagte: Und nun geht an die Arbeit und werdet einig! Ist das Politik?!

(Zurufe auf der äußersten Linken: Die Offiziere gehen nicht an die Arbeit, sondern morden! - Große Unruhe. - Glocke.)

Die große Bilderstürmerei hat bereits begonnen. Man hat ja bereits in Königsberg beantragt, die Büsten von Hindenburg aus dem Magistratsgebäude zu entfernen.

(Zuruf von den Kommunisten: Endlich! Rufe rechts: Unerhört!)

Meine Herren (nach links), tun Sie das alles, vernichten Sie jedes Bild! - es werden viele sein: in jeder Hütte hängt Hindenburgs Bild. Aber wenn Sie alle Bilder vernichtet haben, dann lebt der Mann weiter im Herzen des deutschen Volkes durch die Jahrhunderte.

(Lebhaftes Bravo rechts.)

Wenn Sie sich gegen diese Dinge mit Gewalt wenden, dann sage ich Ihnen: Sie erreichen gar nichts! Druck erzeugt Gegendruck! Wenn das deutsche Volk heute nicht einsieht, daß es in dieser schweren Zeit zusammenstehen muß, daß es sich nicht von ultra-links und ultra-rechts verhetzen lassen darf,

(Zurufe links)

- meine Damen und Herren, wir stehen schon am Rande des Abgrundes -, dann ist das deutsche Volk dem Untergang geweiht.

(Stürmischer Beifall rechts.)

Vizepräsident Dr. Bell: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Hensel (Ostpreußen)

Hensel, (Ostpreußen),9 Abgeordneter: Meine Damen und Herren! Der Herr Reichsminister und der Herr Vertreter des Reichswehrministeriums haben beide ihre Verwunderung darüber ausgesprochen, daß die Herren Interpellanten, zu ihren Interpellationen so gut wie gar nichts gesagt haben , so daß der Reichsminister in der merkwürdigen Lage war, selbst zu den Interpellationen als erster und einziger bis dahin reden zu müssen. Mich wundert es nicht, daß Sie zu den Interpellationen nichts gesagt haben. Erstens einmal haben Sie dazu nicht viel vorzubringen, und zweitens war der Zweck der Übung doch ein anderer. Die heutige Verhandlung hat es ja auch gezeigt, welchen Zweck Sie damit verfolgt haben. Sie wollen nichts anderes als ein Trommelfeuer gegen die Parteien der Rechten, gegen meine Fraktion und die benachbarte Fraktion arrangieren. Daß das der Zweck der Übung war, haben wir aus der merkwürdigen Tatsache ersehen, daß bei einem an und für sich noch gar nicht einmal so herausfordernden Satz meines Herrn Vorredners, bei dem einige von der Tribüne klatschten, eine solche Aufregung entstanden, wie sie mir eigentlich unverständlich ist, wenn ich nicht annehme, daß Sie sich eben ärgerten, daß das Volk, das da oben vertreten ist, doch anders denkt.


9 S.8349C

vorige

(Sehr wahr! rechts.)

Ich stelle fest, daß am Sonnabend auf der Tribüne häufig geklatscht wurde von den Parteien, die gegen uns sind, und daß da der sonst so fachliche und unparteiliche Präsident Löbe trotzdem gestattet hat, daß geklatscht wurde, und es gar nicht verhindert hat. Der Herr Vertreter, der heute den Präsidentenstuhl ziert, hat, soweit ich im Lärm verstanden habe, die wenigen Menschen, die oben sitzen und geklatscht haben, sofort aufgefordert den Saal zu verlassen.

(Glocke des Präsidenten.)

Vizepräsident Dr. Bell: Herr Abgeordneter Hensel, ich bitte, nicht in meine Präsidialbefugnisse einzugreifen.

Hensel, Abgeordneter: Ich stelle nur Tatsachen fest!

(Sehr richtig! rechts.)

Vizepräsident Dr. Bell: Herr Abgeordneter Hensel, ich habe der Tribüne gegenüber die Rechte des Reichstages zu bewahren und muß jede Kritik darüber ablehnen.

Hensel, Abgeordneter: Das ist keine Kritik, sondern nur die Feststellung von Tatsachen! Meine Herren, daß die Interpellanten keinen anderen Zweck verfolgt haben, als gegen uns hier einen konzentrierten Angriff zu veranstalten, geht auch daraus hervor, daß der erste Redner, Herr Dr. Moses, sofort mit allerlei Angriffen gegen die Deutschnationalen anfing, die nichts mit den Interpellationen zu tun hatten. So ist er zum Beispiel auf eine Notiz im "Vorwärts" zurückgekommen, laut welcher dem Husaren Runge empfohlen worden ist, sich an die Abgeordneten Schultz und Henning wegen einer Unterstützung zu wenden. Es wurde ihm damals schon von unserer Seite der Name Adler dazwischengerufen. Der Name Adler ist in sozialdemokratischen Kalendern nicht nur veröffentlicht, sondern verherrlicht worden wegen seines Mords.

(Lebhafte Zurufe von den Sozialdemokraten: Das ist unwahr! Beweise! Wo ist das verherrlicht?

Wenn Sie das nicht beweisen, ist das eine ganz gemeine Lüge!)

- Das ist eine ganz bekannte Tatsache.

(Stürmische Rufe von den Sozialdemokraten: Beweisen!)

- Der Beweis liegt darin, daß der politische Mord durch Adler in den Kalendern ohne jeden Zusatz - -

(lebhafte Zurufe von den Sozialdemokraten: Wo denn?)

- in den sozialdemokratischen Kalendern als denkwürdig festgehalten ist.

(Zuruf von den Sozialdemokraten: Das ist eine leichtfertige Verleumdung! - Fortgesetzte große Unruhe.)

- Suchen Sie doch nach, dann werden Sie es finden.


nächste