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eines Dr. Blumensath haben alle Richter und Gerichtspersonen einschließlich der Wachtmeister für ihre Henkerarbeit bei den
Sondergerichten 200 Mark wöchentlich Judasgelder aus Reichsmitteln erhalten.
(Hört! Hört! Links.)
Das vervollständigt nur das Bild unserer Justiz als einer feilen Dirne der Reaktion.
(Sehr wahr! Links.)
Die Reichsregierung muß sich darüber klar sein, daß sie keine republikanische und keine demokratische Politik treiben kann,
wenn sie nicht im Sinne der Darlegungen, wie ich sie hier gemacht habe, endlich daran geht, Remedur zu schaffen. Wir fragen
sie deshalb in unserer Interpellation, was sie in er Sache zu tun gedenkt. Wir selber haben einen Gesetzentwurf zum Schutz
der Republik eingebracht als ersten Schritt auf dem Wege zur Republikanisierung und Demokratisierung der Verwaltung, der
Reichswehr, der Polizei und der Justiz.
Aber in der Anwendung von Ausnahme-maßnahmen, wie sie durch die Verordnung des Reichspräsidenten vom 29. August und vom 28.
September festgesetzt sind, sehen wir kein geeignetes Mittel zur Bekämpfung der Reaktion. Wir lehnen Ausnahmemaßnahmen
grundsätzlich ab und fordern gesetzliche Maßnahmen.
(Sehr richtig! Links.)
Die Verordnung des Reichspräsidenten ist ja auch praktisch gegen die Reaktion vollkommen wirkungslos. Sie ist das Geschrei über
Vergewaltigung nicht wert, das die Deutschnationalen über sie erheben.
(Sehr richtig! Links.)
Deshalb beantragen wir die Aufhebung dieser Verordnung
Letzten Endes aber, darüber sind wir Unabhängigen Sozialdemokraten uns vollkommen klar, wird die Republik und die Demokratie
nicht geschützt durch die Regierung und ihre Maßnahmen, nein, die Republik und die Demokratie als geschichtliche Durchgangsstufen
zur klassenlosen sozialistischen Gesellschaftsordnung werden nur geschützt werden durch die arbeitenden Volksmassen.
(Stürmische Zustimmung bei den Unabhängigen Sozialdemokraten, den Sozialdemokraten und
den Kommunisten.)
Die arbeitenden Volksmassen müssen deshalb ständig auf der wacht sein und die Reaktion niederhalten, so wie sie es im vorigen Jahre
beim Kapp-Putsch getan haben und wie sie sich nach der Ermordung Erzbergers dazu bereit gezeigt haben.
Das mag sich auch die Reaktion,11 das mögen sich auch die Herren Deutschnationalen ein für allemal gesagt sein lassen: die
Revolution hat die Monarchie und den Obrigkeitsstaat fortgefegt! Dabe
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Jeder Versuch, die sie wieder zu errichten, wird auch in der Zukunft auf die geschlossene Abwehr des ganzen Proletariats
stoßen. Die Einigkeit, die Kampfbereitschaft und die Kampfentschlossenheit des Proletariats ist der Fels, an dem die
Reaktion zerschellen wird!
(Lebhafter Beifall bei den
Unabhängigen Sozialdemokraten.)
Präsident: Das Wort hat der Herr Reichskanzler.12
Dr. Wirth, Reichskanzler: Meine Damen und Herren!13 Um was hat es sich denn gehandelt? In allen Städten Deutschlands und insbesondere
in Berlin setzten sich große Arbeitermassen in Bewegung zu den größten Demonstrationen, die unser Volk überhaupt je gesehen hat.
Wer diese Demonstrationen in fast allen Städten auch nur nach den Berichten beurteilt, müßte blind sein, wenn er nicht die große
Bewegung erkannt hat, die durch das werktätige Volk gegangen ist.
(Sehr richtig! - Lachen rechts.)
Und nun, meine Damen und Herren, war die Aufgabe der Regierung, diese Demonstrationen in politisches Fahrwasser hineinzulenken,
nicht durch Missgriffe, wie sie bei Ihnen (nach rechts) üblich sind, sondern zunächst die Auswüchse, die in Ihren Organisationen
zum Ausdruck kommen, abwehren.
(Sehr richtig!)
Und nun frage ich einmal das hohe Haus: wo haben Sie bei den Demonstrationen wegen der Ermordung Erzbergers, ich sage ausdrücklich:
diesen Demonstrationen, in deutschen Ländern eine Gewalttat passieren sehen?
(Sehr gut! - Zuruf bei den Deutschnationalen: Lesen Sie Ihre Zeitungen! - Gegenrufe links:
Wo denn?)
Meine Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Hergt hat hernach ausgeführt, auf dem Parteitag sei kein unsachliches Wort gefallen.
(Lachen links.)
Er hat mir Mahnungen zugerufen, ich solle vorsich-tiger in meinen Reden sein.
(Sehr richtig! Bei den Deutschnationalen.)
Ich werde mich in Zukunft in jedem Gespräch mit Ihnen (nach rechts) sehr vorsichtig verhalten.
(Sehr gut!)
Er hat hernach mit ungeheurem Pathos das Gedenken nationaler tage gefeiert. Meine Damen und Herren! Ich verstehe vaterländische Feiern,
(Zuruf von den Deutschnationalen: Seit wann?)
- wenn Sie mir sagen: seit wann? - der Ruf kam aus diesen Bänken (nach rechts) -, dann muß ich diese Beleidigung zurückweisen;
Sie haben keinen Anlaß, an der nationalen Gesinnung anderer Menschen zu zweifeln.
(Sehr gut! Links und in der Mitte.)
Ich werde mir das merken. Ich nehme an, daß, abgesehen von Ihnen (dem Zwischenrufer rechts),
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