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sollte mit einem Abonnement sich indirekt daran beteiligen. Von einem solchen Blatt muß man sich lossagen, wenn das Unrecht
nicht gesühnt wird. Jeder, der es erhält und bezahlt, beteiligt sich indirekt an der Lüge und Verleumdung, die darin gesagt wird.
Meine Herren, es sind jetzt 45 Jahre her, daß das von Bismarck gegen die "Kreuzzeitung" gesagt wurde. Diese Rede hätte hier gestern
gehalten werden können, sie kann heute hier gehalten werden.
(Zustimmung von den Sozialdemokraten.)
Das Thema ist unerschöpflich, deshalb will ich hier einstweilen damit Schluß machen.
Meine Damen und Herren! Nichts wird uns von unseren Pflichten, die Republik zu schützen, abhalten.30 Wir fürchten uns
nicht vor den Mörderpistolen der Reaktion.
(Bravo! bei den Sozialdemokraten.)
Ich weiß nicht, wie weit wir hier drinnen im Hause verstanden worden sind, aber das weiß ich, daß man draußen uns verstehen
wird. Das schaffende Volk der deutschen Republik will klar sehen. Es wird eines Tages richten, und wir vertrauen dem Urteil des deutschen Volkes.
(Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.)
Präsident: Das Wort zu einer persönlichen Bemerkung hat der Herr Abgeordnete Dr. Helfferich.
(Zurufe links: Jetzt kommt der Angeklagte! -
Abgeordneter Düwell: Der Mördervater! -
Glocke des Präsidenten.)
Herr Abgeordneter Düwell, ich rufe Sie zur Ordnung.
Dr. Helfferich, Abgeordneter: Meine Damen und Herren!31 Der Herr Abgeordnete Scheidemann hat es für nötig gehalten,
Behauptungen, wie sie in der Presse der Linken verbreitet worden sind, hier von der Tribüne des Reichstags zu wiederholen;
Behauptungen, die nicht nur meine Partei, sondern mich persönlich treffen.
(Sehr richtig! links.)
Der Herr Abgeordnete Scheidemann hat mich gewissermaßen als den moralischen Urheber des Mordes an Erzberger bezeichnet.
(Stürmische Zustimmung bei den Sozialdemokraten und auf der äußersten Linken.)
Ich weise diese Vorwürfe mit der größten Entrüstung zurück.
Es kann kaum jemanden geben, der diesen Mord mehr verurteilt, als ich es tue.
(Rufe links: Heuchler! Feigling!)
Es wird kaum jemanden geben, der außer den Nächstbetroffenen durch den Mord schwerer getroffen und geschädigt ist als ich.
Meine Damen und Herren! Ich bin gegenüber diesem unerhörten Vorwurf genötigt, folgende Feststellung zu machen:
(Fortgesetzte Zurufe links: Heuchler! -
Glocke des Präsidenten.)
304665B
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Präsident: Ich rufe die Zwischenrufer zur Ordnung.
(Abgeordneter Hoffman [Berlin]: Rufen Sie mal den
Helfferich zur Wahrheit! - Lachen.)
Dr. Helfferich, Abgeordneter: Ich habe in Erzberger den politischen Gegner bekämpft. Ehe ich den Kampf in die Öffentlichkeit
getragen habe, im Juli 1919, habe ich den Anstand und die Loyalität besessen, den Spitzen des Reichstags, den Spitzen der
Republik Kenntnis zu geben von dem, was nach meiner Ansicht gegen Erzberger vorlag.
(Zurufe von den Sozialdemokraten: Nichts
lag vor!)
Ich beantragte einen Untersuchungsausschuß einzusetzen. Diese Untersuchung hat nicht stattgefunden.
(Hört! Hört! bei den Deutschnationalen.)
Das stelle ich hiermit fest.
(Zurufe links.)
dadurch war ich gezwungen, in die Öffentlichkeit zu gehen.
(Wiederholte stürmische Zurufe links.)
Ich habe den Kampf geführt mit offenem Visier, mit offenem Visier von Anfang an.
(Sehr richtig! bei den Deutschnationalen.)
Es widerstrebt mir, jetzt wo Erzberger im Grabe liegt, auf die Materie des Kampfes einzugehen. Aber ich darf feststellen,
daß sogar die "Frankfurter Zeitung" die gewiß keiner Sympathie für mich verdächtig ist, an dem Tag nach der Ermordung Erzbergers
geschrieben hat, Erzberger sei aus dem Prozeß, den er gegen mich geführt habe, schwer beschädigt hervorgegangen und sei von
diesem Tage an als Minister unmöglich gewesen.
(Hört! Hört! rechts.)
Wie gesagt, lediglich deshalb, weil der Gegner im Grabe liegt, beschränke ich mich auf diese Feststellung und gehe nicht auf die
Materie ein, so sehr man mich auch provoziert hat.
(Große Unruhe links.)
Ich füge ein weiteres hinzu. Für die Art und Weise, wie man versucht hat, gegen mich zu kämpfen,
(stürmisches Lachen links)
habe ich Material in der Hand, und von diesem Material werde ich dann, wenn der Zeitpunkt dazu gekommen ist, hier Gebrauch machen.
Das kündige ich schon heute an.
(Zurufe von den Sozialdemokraten: Eine Schande, daß Sie da stehen! - Entrüstete Rufe von den
Deutschnationalen.)
Zu RT-Sitzung 137
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