1. Reichstag, Weimarer Republik


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Reichstag. - 77. Sitzung. Montag den 7. März 1921.

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Kapitalismus auf egoistische Engherzigkeit aufgebaut, um für den eigenen Vorteil so viel wie möglich herauszuwirtschaften und den anderen in dem Maße, wie der eigene Prosit steigt, in die Höhe geschraubt wird, zu übertölpeln und übers Ohr zu hauen? Das ist doch das System des Kapitalismus. Die Verträge Kahn, Levin und so weiter haben durchaus keine andere Tendenz wie die, die die ganze kapitalistische Wirtschaft beherrscht, die aufgebaut ist auf dem nackten Prosit, auf dem nackten Eigennutz, auf dem nackten Egoismus Meine Damen und Herren! Außer auf die Verträge der Kahn und Levin, die zweifellos ungeheure Millionen Volksgelder eingesackt haben in einer Form, an der wir die schärfste Kritik üben und die wir in keiner Weise billigen oder beschönigen wollen, haben wir das Recht, darauf hinzuweisen, daß auch an anderen Stellen ähnliche Dinge vorgekommen sind. Ich erinnere nur an den Verkauf von Torpedobooten und Flughallen in Wilhelmshaven, wo das Reich und die Steuerzahler in gleicher Weise benachteiligt sind. Auch hier sind die Privatkapitalisten mit dem Gewinn durch die Latten gegangen.

(Zuruf rechts: Die Soldatenräte!)

- Die Soldatenräte haben ja gar nicht die Zeit gehabt, die Dinge zu meistern.

(Zurufe rechts.)

Vizepräsident Dr. Bell: Das Wort hat der Herr Reichsschatzminister.

v. Raumer, Reichsschatzminister:9 Meine Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Bruhn ist auf den Kahn-Vertrag eingegangen.10 Ich glaube, ich brauche sachlich über diesen Vertrag, der ja im Hauptausschuß und auch in der Öffentlichkeit so ausgiebig behandelt worden ist, nichts mehr zu sagen.

(Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten.)

Aber ich möchte doch eine Bemerkung nicht unterlassen. Ich habe bereits im Hauptausschuß erklärt, daß ich unbedingt zurückweisen müsse alle persönlichen Angriffe gegen die Mitglieder der Direktion und ihre Ehrenhaftigkeit. Ich muß das hier wiederholen und wiederhole es aus voller Überzeugung, und ich muß mein tiefes Bedauern darüber aussprechen, daß in der Presse diese Herren, die


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zum Teil - ich nenne vor allem den Generaldirektor Weinlig - mit äußerster Pflichterfüllung diese unglaublich schwierige Aufgabe angefasst haben, von oben bis unten mit Dreck beworfen worden sind. Ich muß das bedauern und erklären, daß ich meinerseits an der Ehrenhaftigkeit der Verwaltung keinerlei Zweifel hege. Wie ich sachlich über den Vertrag denke, brauche ich nicht weiter auszuführen, es ist bekannt. Ich möchte aber noch etwas anderes sagen, indem ich auf die Ausführungen des Herr Abgeordneten Gothein eingehe. Ich muß das unterschreiben, was er ausgeführt hat bezüglich der Opportunität solcher Diskussionen überhaupt. Meine Damen und Herren! Die "Deutschen Werke" sind Werke der verarbeitenden Industrie, die unbedingt auf eine engere Beziehung zu ihren Lieferanten und zu ihrer Kundschaft angewiesen sind, und wenn sie die nicht herstellen können; werden sie nicht hochkommen.

(Sehr richtig!)

Wie aber ist das möglich, wenn die Werke so konstruiert sind, daß jeder Zulieferant und jeder Kunde gewärtigen muß, daß ein Vertrag, den er abschließt, auf den Tisch des Hauses gelegt, und in allen Zeitungen publiziert wird? Es ist das das schwerste Hemmnis für die Weiterentwicklung der Werke.

(Sehr richtig!)

Der Herr Abgeordnete Bruhn ist dann auf eine Reihe von Fällen gekommen, die sich im Ressort des Reichsschatzministers abgespielt haben. Über das Grünberger Weingeschäft 11 und die Wilhelmshavener Angelegenheit will ich hier nicht sprechen, weil sie Gegenstand eines Verfahrens bei der Staatsanwaltschaft sind. Vor deren Abschluß bin ich nicht in der Lage, mich zu äußern. Es ist dann über den Fall Levin gesprochen worden. Der Herr Abgeordnete Gothein hat schon darauf aufmerksam gemacht, daß es sich um eine Sache handelt, die mein Ressort nicht betrifft. 12


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