1. Reichstag, Weimarer Republik


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das Bedürfnis steckt, sich mit seinen alten Kameraden zusammenzufinden und mit Ihnen die Kameradschaft zu pflegen.

(Erregte Zurufe links.)

das paßt Ihnen nicht, und zwar deshalb nicht, weil diese Pflege der Kameradschaft zugleich ein Anfang zur Beseitigung des Klassenkampfes ist.

(Sehr richtig! bei den deutschnationalen. Gelächter links.)

Bei den Regimentsfeiern sitzen Angehörige aller Stände und Parteien zusammen, und wenn sie sich da vertragen, so dient das eben der Beseitigung des Klassenhasses und Klassenkampfes.

(Erregte Rufe links: Mit geladenen Gewehren!)

- Bei den Regimentsfeiern sitzen sie nicht mit Gewehren! -

(Wiederholte Zurufe links: Auf Befehl der Generale aber in Königsberg!)

- Der Vorfall in Debau hat gezeigt, wie recht das Reichswehrministerium oder die Behörde in Königsberg gehandelt haben, daß sie die Leute mit scharfen Patronen zu ihrem Schutz versehen haben! - Die Regimentsfeiern dienen aber nicht nur der Pflege der Kameradschaft, sondern sie haben eine weit wichtigere Bedeutung für die Zukunft unseres Volkes.

(Sehr wahr! rechts. - Lachen links.)

Unser Volk kann aus seiner tiefen Not nur herauskommen, wenn sich wieder eine nationale Einheitsfront von rechts bis links bildet.

(Sehr wahr! rechts. - Lachen links.)

Eine Einheitsfront ist eben in den Regimentsfeiern gegeben, wo von rechts bis links alle in der tiefsten Liebe zum Vaterland einig sind.

(Sehr wahr! rechts. - Zurufe links.)

Unser Streben, das Vaterland aus seiner tiefen Not herauszuführen, und das Gedenken der Gefallenen bei solchen Regimentsfeiern werden Sie doch wohl auch nicht zu tadeln wissen. Für uns alle und namentlich für die Angehörigen solcher Regimenter, die sich in alter Kameradschaftstreue zusammenfinden, liegt darin ein gewisser Trost und eine Erquickung in diesen trostlosen Zeiten,

(Sehr wahr! rechts)

daß man sich bei den Regimentsfeiern der großen Vergangenheit erinnert, derer die diese Regimenter mit gegründet haben, daß man die Ruhmestaten unseres Heeres dabei nicht vergißt.

(Zurufe links.)

Sie mögen sagen, was Sie wollen, Sie werden die Tatsache nicht aus der Welt schaffen, daß unser deutsches Heer sich auch in diesem Kriege unvergänglichen Ruhm erworben hat.

(Bravo! rechts. - Hurrarufe bei den Sozialdemokraten.)

Wenn Sie uns das nicht glauben, so werden Sie es vielleicht dem französischen General Buat glauben, der da gesagt hat: "Kein Volk der Welt würde in einer solchen Lage, in einem solchen Kampf gegen eine ganze Welt, das geleistet haben, was das deutsche


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Heer geleistet hat." Und daran sollen wir uns nicht erinnern dürfen? Sie werden das deutsche Heer nicht aus dem Herzen des Volkes reißen und die Ruhmestaten der Vergangenheit mit all Ihren Schmähreden nicht verdecken können.

(Sehr wahr! rechts. - Zurufe links.)

Deshalb bin ich voll Bedauerns darüber, daß die Reichsregierung heute erklärt hat, sie würde die Verbote noch verschärfen und die Regimentsfeiern noch mehr einschränken. Wir müssen fordern, daß diese unpolitischen Regimentsfeiern von jedem Verbot befreit werden.

(Sehr richtig! bei den Deutschnationalen.)

Wenn hier von der "Seuche" der nationalistischen Feiern gesprochen worden ist,

(sehr wahr! links)

dann sage ich: man kann mit viel größerem Recht von der "Seuche" der Verbote sprechen.

(Zurufe links: Retourkutsche!)

Sie haben wohl deshalb die Ruhmestaten unserer Armee immer wieder zu schmälern versucht, weil Sie sich der Schuld entziehen wollen, die Sie damit auf Ihr Gewissen geladen haben, daß Sie diesem tapferen Heer in den Rücken gefallen sind. Ich erinnere Sie, Herr Sollmann, an den Unabhängigen Sozialdemokraten Vater in Magdeburg, der sich dessen gerühmt hat.

(Große andauernde Unruhe und lärmende Zurufe links: Unverschämtheit! Frechheit! Gemeiner niederträchtiger Schurke! Sie Verleumder und Ehrabschneider! Sie haben das Volk verhungern lassen!) Präsident: Ich bitte um Ruhe.

(Andauernder Lärm und Zurufe links: Sie haben alles ruiniert! Die Mörder stellen sich hier acht tage nach dem Morde hin! Sie sind ein Mordhetzer. Schämen Sie sich vor den toten Sozialdemokraten! Ihr Lumpenhunde, Ihr habt das Volk auf dem Gewissen! Sie Komödiant und Verleumder! - Gegenrufe rechts. - Glocke des Präsidenten. - Erneuter Lärm und wiederholte stürmische Zwischenrufe.)

Ich vertage die Sitzung auf eine Viertelstunde.

(Pause von 6 Uhr 17 Minuten bis 6 Uhr 40 Minuten)

__________

Präsident: Die Sitzung ist wieder eröffnet. Meine Herren, als der Sturm aus dem Hause die Unterbrechung der Sitzung nötig machte, hatte der Herr Abgeordnete Hensel dem Sinne nach ausgeführt - und soll dabei auf die Bänke der Sozialdemokraten gedeutet haben -, daß sie die Schuld auf sich geladen habe, dem kämpfenden Heer in den Rücken zu fallen.

(Lebhafte Zustimmung und erregte Zurufe bei den Sozialdemokraten und auf der äußersten Linken.)

Meine Herren, das ist, wie mir gesagt worden ist, von den Herren der Sozialdemokratischen Fraktion als


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