1. Reichstag, Weimarer Republik


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Seite 137

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Maulwurfsarbeit der konterrevolutionären Monarchisten und Militaristen.

(Sehr richtig! bei den Unabhängigen Sozialdemokraten.)

Im offenen politischen Kampf - das wissen sie nur zu gut - können sie ihr Ziel nicht erreichen. Deshalb die unterirdische Arbeit, deshalb das lichtscheue Treiben zum Sturz der Republik, deshalb Lug und Trug und deshalb Intrigen und Verbrechen. Allen Gesetzen zum Trotz - das haben wir doch fortgesetzt erlebt - organisieren und finanzieren die Konterrevolutionäre immer wieder aufs neue bewaffnete Banden entwurzelter Offiziere, Studenten und ehemaliger Soldaten zu dem Zweck, sie als Stoßtrupps für reaktionäre Putsche stets aktionsbereit zu halten. Unter der Maske ländlicher Arbeitsgemeinschaften werden diese Landsknechtshorden auf den großen Gütern einquartiert. Waffenlager aller Art sind dort ebenfalls eingelagert. So rüßten die Monarchisten und Militaristen zum offenen Bürgerkrieg. Seit dem Kapp-Putsch ist das Zentrum dieser reaktionären Verschwörerbanden nach Südbayern verlegt worden. Die Erhardt, Pabst, Oberst Bauer, diese steckbrieflich verfolgten Bandenführer beim Kapp-Putsch, sie sitzen seit Jahr und Tag in Rosenheim und München und spinnen von dort aus ihre Verschwörerfäden über das ganze Reich, über die Reichsgrenzen hinaus über Salzburg hinweg bis nach Ungarn. Das blutige Gewaltregiment der Horthy und Genossen ist ja das Ideal, das sie für Deutschland ebenfalls verwirklichen möchten. Der polnische Aufstand in Oberschlesien ist von ihnen benutzt worden, unter der Maske des Oberschlesienschutzes auch nach Schlesien ihre Wirksamkeit zu verlegen. Das berüchtigte Freikorps "Oberland" ist ja bekanntlich ein Ableger der in Südbayern zusammengezogenen Ehrhardbrigade. Bis in die jüngste Zeit hinein hat dieses Freikorps "Oberland" die Gegend von Neiße unsicher gemacht. Jetzt infolge der Gegenaktion der Masse, die durch die Ermordung Erzbergers eingesetzt hat, hat die Reaktion sich von München und Rosenheim über die Grenze nach Salzburg zurückgezogen. Dort sitzen die Kapp-Verbrecher, die Verschwörer und warten auf eine bessere politische Konjunktur in Deutschland. Von allen diesen die Republik bedrohenden Dingen wissen natürlich die Herren Deutschnationalen nichts, rein gar nichts. Sie sind entrüstet, wenn man ihnen sagt, daß sie mit den Putschisten unter einer Decke stecken, daß die Freikorpsbildungen und daß die Waffenschiebungen auf den Gütern ja gar nicht möglich wären, ohne das Mitwissen und ohne die Mithilfe derer, die auf dem Lande regieren, und das sind doch zum allergrößten Teil die Deutschnationalen. Herr Hergt hat uns hier auch wieder beteuert, daß seine Partei mit dem lichtscheuen Treiben der monarchistischen Verschwörerbanden nichts zu tun hätte. Ich will nur Herrn Hergt erinnern an die Rolle, die er selber beim Kapp-Putsch gespielt hat.6

(Sehr wahr! links. - Zurufe von den Deutschnationalen: War sehr einwandfrei!)


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Herr Hergt sollte doch nicht versuchen, uns ein X für ein U vorzumachen,7 die wir doch klar sehen, daß die monarchistisch-militärischen Verschwörerbanden und die Deutschnationalen mit verteilten Rollen arbeiten. Die Deutschnationalen machen die Begleitmusik in der Öffentlichkeit. Sie sprechen in Versammlungen, in Parlamenten, bei Festen und Feiern, bei jeder Gelegenheit wo sich die Möglichkeit dazu bietet. Die geistige und politische Mentalität ist ja ganz dieselbe, bei den unterirdischen Verschwörerverbänden und bei den deutschnationalen Agitatoren

(Sehr richtig! links)

derselbe Afterpatriotismus, derselbe militärische Mordgeist, dieselbe Brutalität, und dieselbe engstirnige politische Einstellung. Durch Mittelspersonen und durch Verbindungsoffiziere werden die Fäden hinüber und herüber aufrechterhalten und fließen die Geldmittel, und zwar zu Millionen, zur Unterhaltung der Freikorps und der Arbeitsgemeinschaften. Herr Hergt stellt sich aber hier hin wie Pilatus und sagt: "Ich wasche meine Hände in Unschuld!". Die deutschnationalen Agitatoren - das muß trotz Herrn Hergts Ableugnung mit aller Bestimmtheit gesagt werden - ist auch verantwortlich für die schlimmste Erscheinung der letzten Jahre auf politischem Gebiet, für den politischen Meuchelmord.

(Sehr wahr! links.)

Die persönliche Verunglimpfung und Verfolgung8 des politischen Gegners ist ja auch von jeher das spezifische Kampfmittel der Konservativen, der Deutschnationalen gewesen. Darüber hat sich ja bekanntlich schon Bismarck sehr heftig beklagt. Es ist also gut konservative Tradition.

(Zustimmung bei den Unabhängigen Sozialdemokraten.)

Das, was wir jetzt an persönlicher Hetze gegen führende linksstehende Politiker in der letzten Zeit erlebt haben, das Kesseltreiben gegen Rathenau und Dr. Wirth, zeigt ja auch ganz klar, was ich im Überwachungsausschuß schon auf Grund persönlicher Mitteilungen aus München gesagt habe, daß die beiden Minister die nächsten Opfer auf den deutschnationalen Mörderlisten sind.

(Hört! Hört! links.)

Die deutschnationale Presse macht sie reif zum Abschuß, und hinterher kommt dieselbe deutschnationale Presse, und wäscht ihre Hände in Unschuld, wie Herr Hergt uns das hier auch vorgemacht hat.

(Sehr wahr! links.)

Sehen Sie sich doch einmal die wüsten antisemitischen Flugblätter an, die noch in den allerletzten Tagen der Böhnerherrschaft in München aus Automobilen heraus verbreitet worden sind, ohne daß die Polizei auch nur einen Finger krumm gemacht hätte, um die Verbrecher zu fassen. Unter


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